Liparische Inseln - Vom schroffen Vulkangestein zur Kugel

Vor ein paar Jahren sah ich im Fernsehen einen Reisebericht über die Liparischen Inseln. Da hatte ich noch nie zuvor von gehört. Ich lernte, dass sich diese kleine Ansammlung von Vulkanzipfeln nordöstlich von Sizilien befinden. Einer dieser Zipfel, nämlich Stromboli, köchelt nach wie vor aktiv vor sich hin- und gelegentlich auch über. Eine sympathische Moderatorin besuchte einige dieser Inseln und packte kleine Besonderheiten, typisch und nur regional erhältlich, in einen roten Rucksack. An diesem konnte sich ein glücklicher Gewinner/In später erfreuen. Seither stand dieses Ziel auf meiner Reisewunschliste. Eine recht lange Etappe, nicht in direkter Ansteuerung, trieb uns am 12. August Richtung Süden. Wieder einmal hatte es gepasst, dass wir eine Vollmondnacht erwischten, wodurch die Nachtfahrten viel angenehmer werden. Zusätzlich bekam ich noch, während meiner Wache, ein Lichtspektakel der Extraklasse geboten. Das Schauspiel eines riesigen Gewitters über dem Meer baute sich in sicherem Abstand an der Backbordseite auf. Weiße Wolkenmassen, wie frisch aufgeschlagene Sahne, türmten sich über- und ineinander. Pausenloses Blitzen, ohne vernehmbaren Donner, sorgte für eine andauernde Illumination. Pfeilartig zischten gelegentlich Blitze senkrecht ins Meer. Ich liebe solche Spektakel!


Eigentlich wollten wir die Hauptinsel Lipari zuerst besuchen. Der Wind ließ uns aber vorab die Miniinsel "Filicudi" treffen. Steil, ursprünglich, wenig touristisch, authentisch. Der Ort wo die Wellen das Vulkangestein zu Kugeln formen. Danach statten wir der Insel Panarea einen Besuch ab. Eruptionen katapultierten einst ganz bezaubernde Inseln aus dem Meer. Einzelne Ortschaften und Städtchen sorgen dafür, dass Touristen ihre Urlaubsbleibe finden können. Ich habe noch keine Region erlebt, die so unfassbar viele Fährverbindungen hat. Die Heckwelle der Schnellfähre, die sich dröhnend, insektenähnlich, schwarz russend aus dem Meer erhebt ist noch nicht verebbt, da jagt auch schon das nächst Ungetüm heran. Hinzu kommen Ausflugsboote sowie Urlaubskapitäne auf Gummiyachten, die ihr Übriges zum permanenten, lästigen Wellengang beitragen. Es gibt wenige Buchten, wo wir uns als Segler verstecken können. Also rein ins Getümmel. Geprägt durch viele junge Italiener mit kleinem Budget und großer Lust auf Party. Mir war es oftmals zu schmuddelig. Zuviel schweißige nackte Haut auf Plastikstühlen. Damenpopos in jeder Größe, freigelegt durch die aktuelle Höschenform des Bikinis, wo das Stoffdreieck vorne erheblich größer ist als hinten, sorgen nicht immer für einen Augenschmaus.


Bettet sich dann spät abends mein müdes Seglerhaupt aufs Kissen, kommt der DJ des Clubs am Strand zum Einsatz. Gut, ich weiß, schon immer hatte die ältere Generation nicht so das richtige Feeling für die Musik der Jüngeren. Wenn gegen drei Uhr früh der letzte dumpfe Beat verhallte war ich mittlerweile ausgesprochen aggressiv. Ich komme nicht umhin zu denken, dass soviel monotones Dauergestampfe auf Köpfe trifft, die ebenfalls von innen monoton gestampft sind. Ich bitte alle um Entschuldigung, denen ich damit Unrecht tue. Tolle Hits, die Jahrzehnte überdauerten, zu denen sich unsere jungen Körper einst ausgelassen auf der Tanzfläche verbogen haben. Diese Dauerbrenner werden elektronisch entstellt, bekommen einen anderen Takt und Interpreten, als Sänger möchte ich sie nicht bezeichnen, sprechen oder brüllen in andauernden Wiederholung das Selbe. Wir lagen vor einem Strand der Stadt Canneto auf Lipari. Die Standbar bot ihren Gästen ein musikalisches Nachmittagsprogramm. Laut aber erträglich. Um 19:30 Uhr herrschte Ruhe. Am nächsten Morgen wollten wir uns auf den Weg durch die Straße von Messina nach Kalabrien machen. Um 02:00 Uhr nachts kam irgendein Mensch auf die Idee die volle Leistung der Musikanlage für sich und seine Freunde bis zum Limit auszutesten. Ein Ende war nicht absehbar. Wir fühlten uns vertrieben. Wir lichteten den Anker und legten ab.


Schade, dass die so schöne liparische Kulisse einen etwas bitteren Geschmack auf meiner Zunge hinterlässt. Die erwarteten Emotionen, die sich beim Fernsehbericht verheißungsvoll aufbauten, habe ich leider nicht gefunden. Genauso wenig wie die hübschen Dinge aus dem roten Rucksack.

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